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Immer häufiger können Kehrbezirke nicht besetzt werden



Die Schornsteinfegerbranche in Deutschland steht vor einer massiven Herausforderung: Es mangelt schon seit geraumer Zeit an Fachkräften, um Kehrbezirke zu besetzen. Immer häufiger berichten Medien über Probleme bei der Neuvergabe der Distrikte. Besonders akut ist das Problem derzeit in Orten wie Pforzheim, wo von acht Kehrbezirken vier neu ausgeschrieben werden mussten, aber nur einer besetzt werden konnte. 
Für drei der vier Bezirke konnte die Stadt eine Alternativ- oder Zwischenlösung erarbeiten, die restlichen Gebiete müssen von den übrigen Bezirksschornsteinfegern übernommen werden. Auch in Thüringen können nicht alle 214 Kehrbezirke besetzt werden - es gibt derzeit rund zehn unbesetzte Distrikte. Die Situation wird sich allerorten verschärfen: Ein Grund ist die hohe Zahl der zu erwartenden Ruheständler in den nächsten 3 bis 4 Jahren, ein weiterer ist die zu geringe Anzahl der Auszubildenden im Schornsteinfegerhandwerk.
Die Ausbildung zum Schornsteinfeger dauert drei Jahre und findet dual statt. Die Auszubildenden lernen die Praxis in einem Schornsteinfegerbetrieb und die Theorie in einer Berufsschule. Die Bruttomindestlöhne gemäß Tarifvertrag liegen zwischen 760 Euro im ersten Lehrjahr und 930 Euro im dritten Lehrjahr, mit geplanten Erhöhungen ab 2024. Dann sollen es im ersten Jahr der Ausbildung bereits 900 Euro sein und 1.100 Euro im dritten Jahr. Ein weiterer Aspekt: Immer mehr Gesellen verzichten auf den Schritt in die Selbstständigkeit zugunsten einer besseren "Work-Life-Balance". Sie möchten die Pflichten, Mehrbelastungen und Risiken durch einen eigenen Betrieb nicht tragen und verbleiben in der Rolle des Gesellen, der freilich gut bezahlt wird.
Der Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger (ZDS) schätzt, dass in den nächsten 12 Jahren zwischen 750 und 1.000 Bezirke nicht mehr besetzt werden können, da es nicht genügend Schornsteinfeger mit ausreichender Qualifikation geben wird. Die Schornsteinfegerinnung versucht, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Um den Bedarf zu decken und junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern, wurden die Ausbildungsgehälter erhöht, wurde in sozialen Medien verstärkt geworben. 
Es gibt überdies auch Bemühungen, das Image zu korrigieren. Schornsteinfeger sind heute nicht mehr nur Kaminreiniger, sondern eben auch Energieexperten, die Rauchmelder überprüfen, Gasprüfungen vornehmen und die Wohnraumlüftung kontrollieren. Viele Schornsteinfeger haben sich weitergebildet und sind heute als Energieberater unterwegs. Damit schaffen sie sich neue Perspektiven, wenn aufgrund der Wärmewende und einer rückläufigen Zahl von Feuerstätten nicht mehr so viele Schornsteinfeger gebraucht werden.
Diese sollen dann neue Aufgaben wahrnehmen – zum Beispiel weitere Messungen, Beratungsleistungen und Optimierung der Energieeffizienz. Die Zahl der Kehrbezirke wird sich wahrscheinlich reduzieren, so dass weniger bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger für die Verrichtung der typischen hoheitlichen Aufgaben benötigt werden. Sie werden sich über fehlende Arbeit nicht beklagen können. Ihr Pensum wird sich deutlich erhöhen.
Nicht wenige Experten befürchten Einbußen bei der Sicherheit und weisen auf die Gefahren hin.