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Die Zukunft der Solarstromversorgung in Mietshäusern

Acht von zehn Wohnungsunternehmen haben entweder konkrete Pläne (44 Prozent) oder zumindest großes Interesse (38 Prozent), ihre Mieter künftig mit Solarstrom vom eigenen Dach zu versorgen – das zeigt eine Umfrage unter mehr als 350 Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW). Gleichzeitig würden 59 Prozent der Mieterinnen und Mieter es begrüßen, preiswerten und sauberen PV-Strom direkt vom Hausdach beziehen zu können, wie eine repräsentative Yougov-Studie im Auftrag des Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW-Solar) und dem GdW ergab. Noch ist das Potenzial kaum erschlossen: Erst rund 15 Prozent der vermieteten Wohngebäude mit installierten PV-Anlagen zeigen, dass auf den Dächern deutscher Mietshäuser noch bis zu 75 Gigawatt Photovoltaik-Leistung schlummern.

 

Mit dem Solarpaket 2024 hat der Gesetzgeber eine bedeutende Neuerung eingeführt: die sogenannte „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ gemäß § 42b des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Sie ermöglicht es erstmals, Mieter und Gewerbetreibende innerhalb eines Gebäudes direkt mit lokal erzeugtem Photovoltaikstrom zu versorgen – einfach, unbürokratisch und ohne viele der sonst üblichen Lieferantenpflichten. Im Fokus steht die dezentrale, anteilige Versorgung mit kostengünstigem Sonnenstrom – ganz ohne EEG-Förderung und ohne vollständige Strombelieferung.

 

Rechtlicher Rahmen: Weniger Pflichten, mehr Flexibilität

Das neue Modell bricht mit dem bisherigen Mieterstromkonzept nach § 42a EnWG. Während dort die vollständige Belieferung mit Strom und eine feste Preisgrenze (90 % des Grundversorger-Tarifs) verpflichtend sind, konzentriert sich die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ausschließlich auf die anteilige Lieferung von PV-Strom – ohne Preisvorgaben. Der Anlagenbetreiber ist dabei von zahlreichen Anforderungen befreit, etwa den komplizierten Rechnungsinhalten gemäß § 40 EnWG oder der Pflicht zur Angabe des Energiemixes. Auch müssen keine verschiedenen Zahlungsarten angeboten oder eine Website mit Tarifinformationen betrieben werden.

 

Dennoch bleiben zentrale Pflichten bestehen: Betreiber müssen etwa über Vertragsänderungen informieren, bestimmte Anforderungen an Vertragsform und Kündigungsbedingungen erfüllen und mindestens halbjährlich Abrechnungsinformationen bereitstellen. Zudem ist sicherzustellen, dass der PV-Strom nur einen Teil des Strombedarfs deckt und der Betreiber den Netzbetreiber über den verwendeten Aufteilungsschlüssel informiert.

 

Messkonzept: Präzise Erfassung für faire Verteilung

Technisch setzt die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung auf ein exaktes Messsystem. Sowohl die Erzeugung des PV-Stroms als auch der Verbrauch der teilnehmenden Letztverbraucher müssen viertelstundengenau erfasst werden. Die Messstellen müssen einem zugelassenen Messstellenbetreiber unterliegen und in der Marktkommunikation korrekt abgebildet werden. Anders als beim EEG-Mieterstrom bleibt der Letztverbraucher sichtbar – das erleichtert die Abrechnung des Reststroms durch externe Lieferanten. Die Kosten für die Messsysteme tragen in der Regel die Letztverbraucher selbst.

 

Vertragsmodell und Preisgestaltung: Klar, flexibel, rechtssicher

Herzstück des Modells ist der Gebäudestromnutzungsvertrag zwischen Betreiber und Teilnehmer. Darin werden unter anderem das Nutzungsrecht, die Preisgestaltung, der Aufteilungsschlüssel sowie Betrieb und Wartung der Anlage geregelt. Die Vertragslaufzeit ist auf maximal zwei Jahre beschränkt, Koppelungen mit dem Wohnungsmietvertrag sind unzulässig. Besonders wichtig ist die Wahl eines geeigneten Aufteilungsschlüssels – je nach Verbrauchsstruktur kann dieser statisch, dynamisch oder kombiniert ausgestaltet werden. Entscheidend ist, dass der Schlüssel eindeutig formuliert und technisch sowie abrechnungstechnisch umsetzbar ist.

Die Preisgestaltung liegt beim Betreiber: Möglich sind sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Modelle. Üblich ist eine Kombination aus Grundpreis und Arbeitspreis pro Kilowattstunde. Da der Reststrombezug beim Gebäudestrommodell außen vor bleibt, ist die Kalkulation für den Betreiber deutlich planbarer als beim Mieterstrommodell.

 

Umsetzung in der Praxis: Chancen für Mietshäuser und WEGs

Auch Wohnungseigentümergemeinschaften können teilnehmen. Zwar erlaubt § 42b Abs. 6 EnWG einen Beschluss als Ersatz für Einzelverträge, empfohlen wird jedoch eine zweistufige Umsetzung mit einem Grundsatzbeschluss zur Anlage und Einzelverträgen mit allen Nutzern. So bleibt die Flexibilität erhalten, und der Einstieg in die solare Eigenversorgung wird für alle Beteiligten transparent und effizient.

 

Links und weitere Informationen

  • BSW – Bundesverband Solarwirtschaft e. V. - Solar- und Wohnungswirtschaft veröffentlichen Leitfaden zur Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (Link)
  • GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. - Solar- und Wohnungswirtschaft veröffentlichen Leitfaden zur Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (Link)